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»Türen in aller Welt«:
nachhaltige Holztüren für Iglus

Mindestens zehn Holztüren für Iglus fertigt Tischler Dominik Neises (29) zwischen November und Januar an. Kein ungefährlicher Job für den gebürtigen Bitburger: Denn durch Außentemperaturen bis zu minus 20 Grad können an seinem Arbeitsplatz nicht nur Werkzeuge, sondern auch Finger „festfrieren“. Neises arbeitet am nördlichen Polarkreis, nahe Piteå, einer Kleinstadt in schwedisch Lappland. Hier dienen Schnee und Eis nicht nur als Baustoff für ein Igluhotel mit 21 Schneehäusern, sondern auch als Material für Inneneinrichtung und Designelemente.

Übrigens: In Lappland gibt es keine traditionellen Iglus – aber seit sieben Jahren das IGLOOTEL. Alle 21 Iglus sind durch 250 Meter Eistunnel miteinander verbunden. Insgesamt ergibt das 1000 Quadratmeter „belebbare“ Fläche. So muss kein Gast in die arktische Kälte, wenn er nicht will und erreicht auch die (fest gebauten) Sanitäreinrichtungen sicher und wettergeschützt.

Achtung, dieses Hotel schmilzt!

Rentierfelle, Holztüren und -böden sorgen drinnen für behagliche Atmosphäre und warme Füße. Alle Betten stehen auf Holzpodesten. Am Ende sind rund 35 Kubikmeter Holz im Schneehotel verbaut. Doch, Moment mal: Schließen sich Behaglichkeit und Temperaturen um den Gefrierpunkt nicht aus?

Nein, denn trotz Minusgraden draußen lässt es sich passend gekleidet und im richtigen Schlafsackmodell bei „molligen“ zwei Grad drinnen herrlich schlafen. Die besondere Igluthermik, warmes Licht, heiße Getränke und viel Holz sorgen für eine wohltemperierte Atmosphäre drinnen. Hier braucht niemand zu frieren. Neben den zehn Schlafiglus gibt es ein Restaurant, eine Eisbar und einen Spa (der sogar unter freiem Himmel steht).

Das Rüstzeug für den professionellen Iglubau hat sich Dominik Neises in der Schweiz geholt: „Dazu wird Schnee auf und über einen großen Ballon geschossen und muss dann durchfrieren. Anschließend wird der Ballon entfernt“, verrät er. Der Rest sei „Learning by Doing“ gewesen. Heute sorgt das patentierte IGLOOTEL-Bauverfahren für Sicherheit und Haltbarkeit der Schneehäuser. Schon ab Ende März schließt das exotische Hotel wieder. Denn spätestens dann beginnt es zu schmelzen.

Tischlerhandwerk in schwedisch Lappland: Dominik Neises baut nachhaltige Maßtüren aus Holz für das IGLOOTEL. (Foto: Dominik Neises/IGLOOTEL)

Handwerksdesign aus Aachen, für ein Schneehotel in Lappland

Zum sechsten Mal waren Studierende der Akademie für Handwerksdesign Gut Rosenberg bei Aachen in Lappland dabei. Denn die angehenden Gestalter*innen durften im Rahmen ihres Studiums den Innenausbau des Hotels nicht nur planen, sondern sogar selbst im hohen Norden umsetzen: als Gesamt-Design-Konzept aus Schnee und Eis mit grafischen Elementen, Installationen, Projektionen und Lichtkunst.

Vor drei Jahren kam Dominik Neises selbst als Student der Aachener Design-Akademie das erste Mal nach Lappland. „Das hat so viel Spaß gemacht, denn es war zugleich praxisbezogen und exotisch“, erinnert er sich. Bis heute erlebt er die intensive Arbeitszeit in Lappland „eher wie Urlaub“.

Maßgeschneidert fürs Iglu: Erst die Holztür, dann die Türöffnung.

Wer es sich in seinem Schlafiglu gemütlich machen will, schließt einfach die Tür. Türen, im Iglu? Ja, denn die internationalen Gäste wünschen sich Privatsphäre. Dafür baut Dominik Neises Holztüren aus dort heimischem Kiefern- und Lärchenholz ein.

Das Besondere: Erst entsteht das Tür-Unikat, anschließend wird die ovale Türöffnung aus Schnee angepasst. Für diese handgefertigten Türen-Einzelstücke gibt es keine DIN oder sonstige Norm. Bislang bestanden die Holztüren der Schlafiglus aus normalen Brettern und wurden von Lappenbändern gehalten.

Doch wenn es draußen wärmer wird, setzen sich die Schneehäuser und die Wände sacken ab. Dann drückt der Schnee schwerer auf die Holztüren und die Decken sinken bis zu 40 Zentimeter. Daher mussten die Türen immer nach einigen Wochen stark abgeschliffen werden. In der Folge konnte man sie im nächsten Winter nicht mehr als Türen verwenden.

Regionales Holz, nachhaltige Türen

„Für die Saison 2020 habe ich mir Gedanken gemacht, wie wir da nachhaltiger werden und gleichzeitig während des laufenden Hotelbetriebs möglichst wenig Arbeit mit den Türen haben“, sagte Dominik Neises im Dezember 2019. Die Lösung: Eine neue Umfassungszarge aus Holz hat jetzt zur Holztrennwand fünf Millimeter „Spiel“ und ist in vertikale Langlöcher geschraubt. So kann die Wand im Türrahmen nach unten rutschen und trotzdem bleibt alles funktionsfähig und sicher. Die neuen, nachhaltigen Türen sehen ähnlich aus wie Standardtüren.

Feuer im Igluhotel? Auch hier gelten strenge Brandschutzvorschriften. Deshalb müssen seine Türen eine entsprechende Dichtigkeit nachweisen. Falls ein Brand ausbrechen würde, dann wäre die Rauchentwicklung die größte Gefahr. Davor müssen diese zuverlässig Türen schützen, während der gesamten Saison.

2020: Türen des Igluhotels bleiben geschlossen

Die Recherche für diesen Beitrag lief seit November 2019. Dann kommt der Januar 2020 und plötzlich ist klar: Im „verflixten 7. Jahr“ wird das IGLOOTEL zum ersten Mal seit Bestehen nicht öffnen können. Denn das Wetter macht den Schnee-Baumeistern einen Strich durch die Rechnung. Bis Anfang Januar war es einfach zu mild, um stabile Schneehäuser zu bauen. Dabei sind die Holztüren schon fertig und lagern einbaubereit. „Sie werden 2021 genauso verbaut werden“, plant Dominik Neises. Vorausgesetzt, es gibt dann genug Schnee und anhaltende Kälte um den Gefrierpunkt.

Iglus: Wohnen in Schnee und Eis

Ein Iglu ist ein vorübergehendes Zuhause aus Schnee und Eis. Traditionell bauen die Ureinwohner der Arktis, die „Inuit“ (oder „Eskimos“), diese Unterkunft auf Zeit. Denn als Volk von Jägern folgen sie oft über Wochen ihrer Beute und entfernen sich dabei einige Tagesreisen von ihrem festen Zuhause. Während der Jagd bauen sie sich unterwegs ein Iglu zum Wohnen und Schlafen.

Übrigens haben traditionelle Iglus keine Türen. Stattdessen wird der Eingang mit einem Schnee- oder Eisblock verschlossen, als Schutz vor Eisbären und Kälte. Noch heute gibt es Inuit in Grönland und Kanada.

Gesamt-Design-Konzept mit Lichtinstallationen, Skulpturen … und heimischen Hölzern: Holztüren im Iglu sorgen für Behaglichkeit und Privatsphäre drinnen. (Foto: Dominik Neises/IGLOOTEL)

Kalt, aber gemütlich: Schon mal im Iglu übernachtet?

Dauerhafte Minustemperaturen und viel Schnee sind in weiten Teilen Deutschlands selten. Doch gerade deshalb sehnen sich immer mehr Menschen hierzulande danach.

Wen wundert es da, dass Iglus im Trend liegen? Sowohl als außergewöhnliche Hotelunterkunft in den deutschen Alpen, in der Schweiz oder Österreich, als auch zum Selbstbauen: als Workshop für „Profis“, berufliches Teamerlebnis oder eiskalter Freizeitspaß.

So lädt ein Schweizer Igluverein jedes Jahr „professionelle Iglubauer“ zum Bau eines Igludorfes nahe Davos im Kanton Graubünden. Voraussetzungen: Iglubauerfahrung und Fitness für mindestens sechs Stunden schwere, körperliche Arbeit. Mehrere hundert Iglubauer folgten in den vergangenen Wintern dem Ruf und bauten ein „Yeti-Dorf“ aus 30 Iglus.

Wer nicht so weit reisen will oder keinen professionellen Anspruch hat, kann seine Talente mit dem wetterabhängigen Baustoff sogar in Deutschland testen: im sächsischen Oberwiesenthal oder im Schwarzwald. Dort können sich Familien mit Kindern oder Firmen einige Tage ganz dem Bau solcher Schneehäuser widmen und auch darin wohnen. Zum Beispiel beim Workshop „Iglu bauen“ mit Übernachtung und Frühstück im eisigen Eigenheim auf Zeit. Auf Wunsch sogar mit warmer Verpflegung und: Sauna!

Linkliste: Nachhaltige Holztüren für Iglu-Hotel

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